Beschulung

„Ohne Schulabschluss keine Ausbildung, ohne Ausbildung keinen vernünftigen Job“

„Mit 12 habe ich angefangen, Zigaretten zu rauchen, mit 13 kam dann der Alkohol und das Kiffen. Der Unterricht in der Schule hat mich ab da nicht mehr interessiert, ich bin oft auch gar nicht mehr hingegangen. Wozu auch? Ich dachte ja damals: Geht auch ohne! Ich bin viel lieber mit meinen „Kumpels“ durch die Stadt gezogen, hab‘ immer mehr Drogen genommen. Meine Eltern haben davon nix mitbekommen, hat sie wohl auch nicht interessiert.

Dann war die Schule vorbei, ich kriegte ein Abgangszeugnis. ‘Ne Ausbildung habe ich erst gar nicht probiert. Die auf dem Arbeitsamt sagten: ‚Ohne Abschluss sind sie nicht vermittelbar.‘ Also steckten sie mich in ein BVJ. Anfangs bin ich da hoch hin, dann bin ich lieber im Bett geblieben. Hab‘ in meinem Drogenkopf eh nichts verstanden. Jetzt bin ich 21, hab‘ keinen Abschluss, von einer Ausbildung ganz zu schweigen. Meine Chancen auf einen Job: Naja...

Eine selbständige Lebensführung braucht eine gute Grundlage

Das Hauptziel einer Suchttherapie ist die Erlangung einer eigenständigen, suchtmittelfreien Lebensführung - doch durch die Sucht wurde häufig ein erfolgreicher Schulabschluss und damit die Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung verhindert.

So fehlt es einem großen Teil der Menschen, die uns zur Behandlung ihrer Suchterkrankung aufsuchen, an einer soliden Grundlage für eine suchtmittelfreie Zukunft.

Um dies zu ändern, entwickelten wir im Jahr 2005 ein Konzept zur Beschulung Erwachsener während der Therapie. Das Ziel: den Haupt-/Realschulabschluss zu vermitteln. Aufbauend auf den mehrjährigen, überaus positiven Erfahrungen in unserem Jugendhilfebereich, wo wir schon seit 1999 junge Menschen auf die externe Schulprüfung durch das staatliche Schulamt vorbereiten, erweiterten wir das Angebot auf Volljährige.

Dieser Ansatz findet fachöffentliche hohe Zustimmung und Wertschätzung, das Land Hessen unterstützte das Projekt während der Pilotphase. Die Konzeption wurde mittlerweile durch das Bundesgesundheitsministerium evaluiert und hat bisher vielen Menschen zu einem qualifizierten Schulabschluss verholfen.

Hauptschulabschluss während der Therapie - wie geht das denn?

Der Hauptschulkurs kommt für alle in Frage, die noch nicht über einen Schulabschluss verfügen. Der Unterricht findet in einer Kleingruppe am Vormittag durch unsere hauptamtlichen Lehrer statt, zusätzlich sind zwei Nachmittage für die individuelle Förderung in Lerngruppen vorgesehen. Der Lehrstoff umfasst die vorgeschriebenen Fächer, in Absprache mit dem staatlichen Schulamt werden zwei Prüfungstermine jährlich durchgeführt. Dadurch ist gewährleistet, dass auch später Hinzugekommene ausreichend Zeit zur Vorbereitung auf die Prüfung haben.

„Ich hab‘ die Nase vom Rumhängen voll, möchte noch was erreichen in meinem Leben“

„Schule war früher ein echter Horror für mich; die Noten waren schlecht, häufig hatte ich Stress mit den Lehrern. Meistens habe ich dann geschwänzt. Später habe ich das bereut, war aber halt zu spät.

Jetzt hole ich meinen Abschluss nach, ist so ‘ne Art zweite Chance. Danach möchte ich eine Ausbildung machen, am liebsten Kfz.- Mechaniker.“